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Wenn die Chemie stimmt

Mittwoch, 16.04.2014, uni.on > Forschen, Forschen, uni.on > Top News, Naturwissenschaften, Presse und Kommunikation

Physiker der Uni Graz suchen neue Wege in der Halbleiter-Technologie

Je stärker die Bindung zwischen PartnerInnen, desto enger rücken sie zusammen: Das gilt nicht nur für Menschen oder Tiere, sondern auch für die Welt der Atome und Moleküle. WissenschafterInnen vom Institut für Physik der Karl-Franzens-Universität Graz sowie des Jülicher Peter Grünberg Instituts in Deutschland beschreiben in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Communications“ nun einen Fall, der sich scheinbar entgegengesetzt verhält. Experimente haben ergeben, dass die chemische Bindung zwischen dem organischen Halbleitermolekül PTCDA und einer Metalloberfläche verstärkt wird, sobald ein zweites organisches Halbleitermolekül – nämlich Kupferphthalocyanin (CuPc) – beigemischt wird. Und das, obwohl sich die Moleküle von der Oberfläche wegbewegen. Diese scheinbar paradoxe Situation lässt sich dadurch erklären, dass das stärkere Molekül in der Vebindung Elektronen vom schwächeren Molekül absaugt. Die neu gewonnenen Erkenntnisse fließen unter anderem in die Entwicklung organischer Leuchtdioden und Solarzellen ein, an denen weltweit intensiv geforscht wird. Die Arbeit der Grazer Physiker ist Teil des universitären Forschungsschwerpunkts „Modelle und Simulation“ und wird vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) gefördert.

Die Grazer Physiker untersuchten mit ihren Jülicher KollegInnen einzelne Lagen von organischen Molekülen und ermittelten deren Abstand und Bindungsstärke zur Oberfläche. Dazu wurden die beiden organischen Moleküle PTCDA und CuPc gemeinsam auf einer extrem glatten Silberoberfläche aufgebracht. Im experimentellen Aufbau sowie durch den Vergleich mit Simulationsrechnungen an der Uni Graz zeigte sich das überraschende Ergebnis: Die flachen PTCDA-Moleküle binden sich stärker an die Oberfläche, entfernen sich aber von der silbernen Unterlage, während die CuPc-Moleküle genau umgekehrt reagieren.


Staubsauger-Prinzip
„Ursache für das ungewöhnliche Verhalten ist ein Ladungstransfer vom Halbleitermolekül CuPc über die Silberoberfläche zum PTCDA“, erläutert Prof. Christian Kumpf, Gruppenleiter am Jülicher Peter Grünberg Institut. „Wenn die Moleküle alleine auf der Oberfläche liegen, ziehen sie Elektronen aus dem Metall heraus, ähnlich einem Staubsauger. Bringt man die Moleküle zusammen, gewinnt dabei das stärkere, in diesem Fall PTCDA.“ Modellrechnungen an der Uni Graz lieferten dasselbe Resultat. „PTCDA saugt Elektronen von CuPc ab und füllt damit die eigenen Orbitale, wodurch sich das PTCDA stärker an das Metall bindet“, erläutert Assoz. Prof. Peter Puschnig, Leiter der Grazer Simulationsgruppe. „Die zusätzlichen Elektronen verstärken die Bindung des PTCDA, benötigen aber auch mehr Platz, sodass sich die Moleküle gleichzeitig von der Oberfläche entfernen.“ 

Die untersuchten Materialien sind für die Grundlagenforschung an organischen Halbleitern von enormer Bedeutung. Im Vergleich zur konventionellen Silizium-Technologie eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten, wie zum Beispiel biegsame Bauelemente oder extrem günstige Einweg-Chips, die sich einfach auf eine Kunststoffschicht aufdrucken lassen. 

Dass das Prinzip funktioniert, wird an organischen Leuchtdioden – so genannten „OLEDs“, die heute vielfach in Smartphones und Fernsehern eingesetzt werden – sichtbar. So könnten künftig Fenster, Wände und Decken mit wenig Energie gleichmäßig ausgeleuchtet werden. „Damit diese Vision Wirklichkeit wird, müssen wir aber die grundlegenden physikalischen und chemischen Prozesse, die dahinterstecken, noch besser verstehen lernen“, betont Puschnig.


Publikation:
"Unexpected interplay of bonding height and energy level alignment at heteromolecular hybrid interfaces"
B. Stadtmüller, D. Lüftner, M. Willenbockel, E. M. Reinisch, T. Sueyoshi, G. Koller, S. Soubatch, M. G. Ramsey, P. Puschnig, F. S. Tautz & C. Kumpf

Nature Communications

 

Bildmaterial mit der Kennung „Uni Graz/Lüftner“ honorfrei als Download verfügbar: bit.ly/1l0uaAm  


Rückfragen:
Assoz. Prof. Dr. Peter Puschnig
Institut für Physik, Karl-Franzens-Universität Graz
Mobil: 0650 4716130
E-Mail: peter.puschnig(at)uni-graz.at 

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