Es ist nicht übertrieben, Eugene Parker den „Vater des Sonnenwindes“ zu nennen. Seit Beginn seiner Tätigkeit an der Universität von Chicago (USA) leistete er wichtige und richtungsweisende Beiträge zur Physik der Sonne und in der Heliosphäre, dem Einflussbereich der Sonne. Zu seinen wesentlichen Forschungsbeiträgen gehören aber auch fundamentale Erkenntnisse aus dem Jahre 1956 zum Thema der Dynamik von Magnetfeldern, wo sogenannte Rekonnektion (ähnlich einem magnetischen „Kurzschluss“) vorkommen kann. Diese Rekonnektion wurde seitdem immer wieder in diversen astronomischen Kontexten gefunden, zum Beispiel in Magnetfeldern von Galaxien, Sternen, Pulsaren, sowie auch im Magnetfeld der Erde.
Schon 1959 stellte Eugene Parker theoretische Überlegungen an, wonach sich ergibt, dass unsere Sonne nicht in einem Gleichgewichts-Zustand existieren kann, sondern permanent Masse aus ihrer Atmosphäre (der Korona) verlieren muss. Diese Erkenntnis führte zu einer zunächst umstrittenen Voraussage eines Sonnenwindes, der später aber tatsächlich mittels Weltraum-Missionen gefunden und bestätigt werden konnte. Somit ist Eugene Parker einer der wichtigsten Mitbegründer der modernen Forschung auf dem Gebiet der Sonnenphysik und der Heliosphärenphysik, wie sie – dank Eugene Parker – heute auch am Institutsbereich Geophysik, Astrophysik und Meteorologie (IGAM) der Universität Graz stattfindet.
Als erster Mensch überhaupt, war Eugene Parker ein lebender Namensgeber einer NASA-Weltraummission: Parker Solar Probe startete im August 2018 im Beisein von Eugene Parker in Cape Canaveral, Florida. Berichten zufolge war Eugene Parker noch bis kurz vor seinem Tod am 15. März 2022 sehr interessiert an neuesten Erkenntnissen und selbst 25 Jahre nach seiner Pensionierung noch aktiv damit beschäftigt, Forschungsberichte aus aller Welt mit Begeisterung zu verfolgen. Menschlich und fachlich wird uns allen Eugene Parker als ein Vordenker seiner Zeit und als zutiefst bescheidene Persönlichkeit von großer Güte und Freundlichkeit in Erinnerung bleiben.
Die nach ihm benannte NASA-Mission Parker Solar Probe vermisst als erste Sonde in noch nie dagewesener Nähe die physikalischen Prozesse nahe der Sonne und im Sonnenwind. So hat es bereits einige bahnbrechende Entdeckungen gegeben. Im Jahr 2019 wurden zahlreiche auffällige magnetische Zick-Zack-Strukturen im Sonnenwind entdeckt, sogenannte Serpentinen („Switchbacks“), welche von der Sonnenoberfläche stammen. Im April 2021 gelang der erste Nachweis des sogenannten kritischen Alfvén-Punktes in einer Distanz von ca. 18,8 Sonnenradien (ca. 13 Millionen km) über der Sonnenoberfläche. An diesem Punkt kann die sich ausdehnende Atmosphäre nicht mehr durch Gravitationskräfte und Magnetfelder an der Sonne gehalten werden – hier entsteht der Sonnenwind. Die Messungen von Parker Solar Probe werden auch in Projekten der Arbeitsgruppe der Heliosphärenphysik der Universität Graz analysiert und wir freuen uns auf spektakuläre Zeiten, je näher wir der Sonne kommen.