Am Cavendish Laboratory in Cambridge erinnert das Bild eines Krokodils an Ernest Rutherford: dieser hatte eine derart laute Stimme, dass man sein Kommen schon von weitem hörte, so wie beim Krokodil aus Peter Pan, das einen Wecker verschluckt hatte und sein Kommen durch ein lautes Tick Tack ankündigte. Über viele Jahre habe ich Christof Gattringer schon frühzeitig gehört, wenn er am Gang der Theoretischen Physik vor sich hin pfiff, einfach so, aus lauter Freude. Weil er seine lästigen Aufgaben als Dekan oder Vizerektor hinter sich hat, dachte ich mir, und sich nun endlich seiner geliebten Physik widmen konnte. Aber wahrscheinlich hat Christof auch in seinem Dekanats- oder Vizerektorbüro gepfiffen und die, die ihn dabei hörten, haben sich gedacht, dass er froh ist, gerade nicht bei seinen seltsamen Physikerkollegen zu sein.
Wir Kollegen haben oft schwer verstanden, warum Christof an den universitätspolitischen Aufgaben Gefallen fand. Anfangs waren es vielleicht noch der Reiz des Neuen und die Freude, Diskussionen seinen Stempel aufzudrücken, zu Beginn bisweilen sogar ein bisschen zu sehr, aber er entwickelte bald ein beeindruckendes Sensorium zuhören zu können (wobei er natürlich weiterhin gerne selbst redete) und tragfähige Lösungen oder Kompromisse herbeizuführen, bei denen sich am Ende alle wertgeschätzt fühlten. Die angenehme und konstruktive Atmosphäre, die wir derzeit an unserer Fakultät erleben, trägt zu einem nicht geringen Teil Christofs Handschrift.
Über viele Jahre war Christof regelmäßiger Gast beim Mittagskaffee der Theoretischen Physik. Dort berichtete er über wichtige Dinge (Geschichte des Campagnolo Schnellspanners), Kurioses (Penrose-Klopapier), er unterhielt uns mit Witzen unterschiedlicher Qualität (Algorithmus für gemeinsamen Konferenzbesuch von Experimentatoren und Theoretikern), selten wurde auch über Physik gesprochen. Je weiter Christof die Karriereleiter hinaufkletterte, desto seltener wurden seine Besuche, mit Beginn der Coronakrise war es dann gänzlich vorbei. Dennoch fand er immer wieder Zeit für einen kurzen Tratsch an meiner Bürotür. In den letzten Wochen erlebte ich dort einen überraschend nachdenklichen Christof, der die rasanten Entwicklungen um seine FWF-Kandidatur für sich selbst einzuordnen versuchte.
Mit Christof verlieren wir in den nächsten Jahren unseren fröhlichsten Mitarbeiter, einen mitreißenden Lehrer und Motivator, sowie einen hervorragenden Wissenschaftler, der auch noch in jüngster Vergangenheit eine beeindruckende Publikationsleistung vorzeigen konnte. Gleichzeitig gewinnen wir einen starken FWF-Präsidenten, der lange Zeit selbst an der Spitze der Forschung stand und nun bereit ist, mit all seiner Erfahrung der Wissenschaft etwas zurückzugeben. Ich denke, ich spreche im Namen des gesamten Instituts, wenn ich Christof für diese zukünftige Aufgabe alles Gute und viel Erfolg wünsche! Die Türen unseres Instituts werden immer für dich offenstehen. Und vielleicht geht sich ja der eine oder andere Besuch beim Mittagskaffe aus, dann hoffentlich auch mit den gewohnten Insignien eines QCD-Theoretikers, einer Kaffeetasse und dem Becher Fru Fru.
Ulrich Hohenester, Fachbereichsleiter Theoretische Physik